Franz Gruber (1779-1839) / Anton Gruber (1818-1842)
Franz Gruber war der erste in Wien und in der Monarchie, der sich auf die Herstellung von Werkzeugen für Holzarbeiter spezialisiert hat. Mit ihm beginnt auch die Geschichte der industriellen Erzeugung von Tischlerwerkzeugen. Er war gelernter Tischler, das bestätigen die beiden ersten Erwähnungen. 1806 findet sich in der Wiener Zeitung die Todesanzeige einer Anna Gruber, Frau des Tischlergesellen Franz Gruber auf der Wieden 52. Und der erste Eintrag in einem Adressbuch 1809 nennt schon den Tischler-Werkzeugmacher Franz Gruber, merkwürdiger Weise jedoch ohne Hausnummer. 1816 dann findet sich ein Adressbucheintrag mit der Adresse auf der Wieden 52. Im selben Jahr scheint Franz Gruber in einem anderen Verzeichnis als Besitzer des Hauses Wieden Nr. 579 auf, das im Zuge der dritten neuen Hausnummerierung im Jahre 1819/1821 zur Adresse Wieden, Alleegasse 55 wird.
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Am 27. Jänner 1823 erhält Franz Gruber (als privil. Tischler und Werkzeugmacher) zusammen mit dem Schlosser Ferdinand Feugel aus Wien Fünfhaus und dem privil. Uhrfederfabrikanten Andreas Müller aus Wien, Braunhirschengrund, ein Privilegium auf die Herstellung von "mit Gußstahl plattirten Schneidwerkzeugen". Es finden sich drei verschiedene Beschreibungen, sodass nicht ganz klar ist, was genau der eigentliche Gegenstand des Privilegiums war. Gussstahl mit Eisen zu verschweißen war als Technik an sich schon vorher bekannt. Die erste Beschreibung gibt die Veröffentlichung der Privilegienerteilung in der Wiener Zeitung. Hier ist die Rede von der "Erfindung, Eisen mit Gußstahl zu belegen", und weiter: den Werkzeugen "die Härte bis zum Glasschneiden zu geben" ... "und dabey viel Brennstoff zu ersparen". Die zweite Beschreibung nach Erlöschen des Privilegiums erschien unter anderem in der Brünner Zeitung: "Diese Verbesserung besteht darin, daß die Werkzeuge aus Eisen, mit Stahlblech überzogen werden, welches durch Anschweißen mittelst eines Schmelzmittels aus Borax und Spießglanzglas (Anm.: schwefelhaltiges Antimonoxyd) bestehend, bewerkstelliget wird." Eine dritte Beschreibung findet sich 1841 in der amtlichen Veröffentlichung aller erloschenen Patente der Jahre 1821-1835, herausgegeben von der kaiserl. königl. Hofkammer Wien, sie weicht aber erheblich von den beiden vorhergehenden ab: "Das Wesentliche dieses Privilegiums besteht darin, daß das Wasser zum Härten aus einem Bottich durch ein feines Sieb auf den zu härtenden Gegenstand fließt, zu welchem Behufe jedesmal ein Ventil geöffnet wird".
Trotz der augenscheinlichen Unterschiede beziehen sich alle drei Beschreibungen ganz klar auf das Privilegium vom 27. Januar 1823. Gruber, Feugel und Müller hatten mit der Verwendung eines eigenen Schmelzmittels zum Verschweißen (Plattiren) von Gussstahl mit Eisen einerseits eine sehr effiziente und zuverlässige Methode stahlsparende Schneidwerkzeuge herzustellen gefunden, und zusätzlich mit einer einfachen mechanischen Vorrichtung die Härtung dieser Werkzeuge (ein sehr wesentlicher Qualitätsfaktor!) leichter kontrollierbar gemacht. Mit dieser Produktionsweise hatte Gruber durchschlagenden Erfolg in der ganzen Monarchie.
Im Jahre 1838 schließlich kaufte der Kaiser eine Sammlung seiner Werkzeuge für das k.k. technische Cabinett an, "die sich durch die edlen Holzgattungen, aus welchen sie erzeugt, durch die besondere Eleganz ihrer Formen und die große Genauigkeit, womit sie verfertigt sind, auszeichnen, und zu den seltenen Leistungen in diesem Arbeitsfache gehören."
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Im Laufe des selben Jahres übernahm sein Sohn Anton Gruber das Unternehmen. Bereits 1837 erhielt er ein eigenes Privilegium auf eine Verbesserung der Herstellung "stahlplattirter Schneidwerkzeuge", 1838 ein weiteres auf eine neue maschinelle Härtemethode. Aus dieser Anzeige geht hervor, dass Anton Gruber Besitzer einer k.k. privil. Fabrik für Schneidwerkzeuge in Ginselberg bei Scheibbs (Anm: die Angabe "Geiselberg" in der Anzeige ist ein Druckfehler) und Gesellschafter der Fabrik seines Vaters in Wien war. Bei der Fabrik in Ginselberg handelt es sich höchstwahrscheinlich um den Gstettenhammer, Ginselberg Nr 13 in Neustift bei Scheibbs (Anm.: Ich konnte die Quellen noch nicht selbst überprüfen, habe aber keinen Grund, das zu bezweifeln.) 1833/34 schlitterte der Hammerschmiedmeister Deimbacher in den Konkurs, Vater Franz könnte damals das Hammerwerk gekauft haben und es 1838 seinem da 20jährigen Sohn überschrieben haben.
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Ebenfalls 1838 schaltete Anton Gruber dann mehrere Anzeigen in diversen Tageszeitungen, in denen er seine Kunden auf gefälschte Werkzeuge aufmerksam machte, die mit seinem Fabrikszeichen (Anm.: der Name "Gruber" plus k.k. Adler) versehen waren (Anm.: Ein einheitliches gesetzliches Markenschutzrecht kam erst 1859 zustande).
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Am 1. August 1839 vereinigte er die beiden Fabriken in Ginselberg und Wien zu einer einzigen Firma unter seinem Namen. Im Dezember schaltete er einige Anzeigen, um diesen Umstand öffentlich zu machen und entstandene Verwirrungen auszuräumen.
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Am 23. November 1839 starb Vater Franz Gruber im 68. Lebensjahr an einem Schlaganfall.
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Die Hoffnung der österreichischen Stahlindustrie zu jener Zeit war es, dem Weltmarktführer England (vor allem Sheffield) Konkurrenz zu bieten und die Einfuhr englischer Werkzeuge und anderer Stahlwaren durch eigene Erzeugnisse zu ersetzen. Dieses Ziel kam schon in einigen Privilegiumsbeschreibungen zum Ausdruck, in den 1840er Jahren zeigte sich auch die Presse optimistisch, dieses Ziel erreichen zu können. Als herausragende Beispiele unter den österreichischen Fabrikanten wurden vor allem zwei Unternehmen genannt: Der Feilenfabrikant Fischer in St. Aegyd (im Traisental) und eben Gruber mit seinen Stemm- und Hobeleisen.
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1840 erschienen dann wieder einige Anzeigen Grubers, in denen er auf Produktfälschungen aufmerksam macht.
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Ein Prunkstück meiner eigenen Sammlung ist diese Preisliste aus dem Jahr 1840, die einen Überblick über das Sortiment Grubers gibt.
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Im November des selben Jahres legte Anton Gruber sein 1837 erworbenes Privilegium auf eine Verbesserung "stahlplattirter Schneidwerkzeuge" freiwillig zurück.
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1841 eröffnete Gruber eine Niederlage (Anm.: Filiale) in Pest (Ungarn).
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Welche Größenordnung die Produktion der Firma Gruber bereits erreichte, geht aus einer Mitteilung, erschienen in der Wiener Zeitung im September 1841, hervor: Grubers Eisenhammer in Scheibbs erzeugte 1840 38.892 Stück diverse Hobeleisen und verarbeitete insgesamt 178 Zentner Eisen und 24 Zentner Gussstahl.
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Im September 1841 hielt Anton Gruber einen Vortrag im 1839 gegründeten Niederösterreichischen Gewerbeverein über die fabrikmäßige Herstellung von Werkzeugen.
Im Dezember bewilligte die k.k. Hofkanzlei Gruber die Annahme eines Diploms des großherzoglichen Hessischen Gewerb-Vereins.
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Ein Artikel "Über die vortheilhafte Anwendung von Metallscheiben, zum Vor- und Feinschleifen der Schneidwerkzeuge" erschien im Januar 1842 in der Allgemeinen Österreichische Zeitschrift für den Landwirth, Forstmann und Gaertner: Centralblatt für die Resultate wissenschaftlicher Forschungen.
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Am 28. März 1842 stirbt Anton Gruber im Alter von nur 24 Jahren völlig überraschend an Nervenfieber (Anm.: Typhus). Da er kein Testament hinterlassen hatte, ließ seine Mutter Theresia im Juni durch das Civilgericht Wien den Schuldenstand der Firma erheben. Am 30. Juli 1842 stirbt dann auch Theresia Gruber (an Lungentuberkulose).
In der Folge wurde alles bewegliche Inventar, Werkzeuge und Material und dergleichen, im September und im Oktober 1842 zur Versteigerung angeboten.
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Im Februar 1843 gibt dann Michael Holzer, nach eigenen Angaben ehemaliger Werkmeister bei Anton Gruber, bekannt, die Fabriken in Wien und Scheibbs sowie dessen Privilegium (Anm.: von 1838) übernommen zu haben und sie auch fortzuführen.
(Anm.: ob Holzer tatsächlich Werkmeister bei Gruber war, ist nicht klar, denn Joseph Herrmann, der 1843 eine eigene Fabrik gründete, behauptete gleichzeitig, der einzige Werkmeister bei Gruber gewesen zu sein)
Im Mai 1843 wird Franz Wertheim aus Krems Miteigentümer der Firma. In entsprechenden Anzeigen geben die beiden auch bekannt, dass Grubers Fabrikzeichen unverändert weitergeführt wird und warnen gleichzeitig (wie schon Gruber selbst zuvor) vor der missbräuchlichen Verwendung des selben.
Im Juli 1843 übernimmt dann Wertheim das Hammerwerk in Scheibbs als Alleineigentümer. In ganzseitigen Anzeigen macht er nachdrücklich darauf aufmerksam, auch das Gruber'sche Privilegium (Anm.: auf Schneidwerkzeuge) in seinem Besitz zu haben, und dass nur er berechtigt sei, Grubers Fabrikzeichen auf seine Erzeugnisse zu schlagen. Das richtet sich vor allem gegen Joseph Herrmann, der ebenfalls neben seinem eigenen Namen Grubers Namen verwendet.
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Michael Holzer führt die Fabrik in der Alleegasse 55 zumindest bis zum Jahr 1868 allein weiter.