Die Firma Ottokar (Otakar) Skrivan, wurde am 24. März 1870 als Hersteller von „hölzernem Werkzeug“ in Karolinenthal Nr. 211 im Handelsregister Prag eingetragen. Davor war Skrivan an einer Handelsgesellschaft für Guttapercha- und Gummiwaren beteiligt, die aber im Oktober 1870 nach nur einem Jahr wieder aufgelöst wurde.
Ottokar Skrivans Vater Anton war Gründer und Inhaber einer Handelsschule in Prag und Autor mehrerer kaufmännischer Fachbücher. 1860 war er zudem einer der Gutachter in einem aufsehenerregenden Betrugsprozess gegen den Direktor der Wiener Creditanstalt, Franz Richter.
1872 nimmt Skrivan an der Prager Industrieausstellung teil. 1874 erscheinen die ersten Werbeanzeigen in Zeitungen. Darin wird auf Auszeichnungen bei Ausstellungen in Linz, Salzburg, Paris, Prag und Moskau hingewiesen. Eine andere Liste mit Auszeichnungen, abgedruckt in einem Preiscourant im Jahre 1906 (Seite 30), erwähnt diese Auszeichnungen ebenfalls. Die angegebenen Jahreszahlen (Linz und Salzburg 1865, Paris 1867, also vor der Firmengründung) deuten sehr stark darauf hin, dass sie nicht direkt Ottokar Skrivan zu Teil wurden. Die Auszeichnungen in jenen Jahren gingen an Johann Horak. Darum gehe ich davon aus, dass Skrivan Horaks Betrieb im Jahr 1870, entweder von Horak selbst oder seinen Erben gekauft und übernommen hat. Auch der identische Standort, nämlich Karolinenthal, spricht für diese Theorie. Andere Hinweise, die diese Annahme bestätigen könnten, habe ich aber noch nicht gefunden.
Ende 1874 sucht Ottokar Skrivan per Inserat einen dampfgetriebenen Leimapparat, 1876 ebenfalls per Inserat Kirschholzpfosten.
​
Um 1875 gründet Ottokar Skrivan gemeinsam mit einem seiner Brüder eine Fabrik für Parkettböden. Erste entsprechende Zeitungsanzeigen erscheinen 1877.
Die nächste Werbeanzeige erscheint im April 1878. Skrivan bewirbt damit Drehbänke für Drechsler und Mechaniker sowie Stockpressen für Buchbinder und Buchdruckereien.
Bei der Ausstellung des "deutschen politechnischen Vereins" in Prag 1879 werden die Parkettböden der Brüder Skrivan lobend erwähnt.
1882 erscheinen die ersten Werbeanzeigen für Skrivans Patent-Kehlhobel. Mehr über diese Hobel erfahren sie hier.
Im Mai 1883 entgeht die Fabrik in Prag knapp einer Katastrophe, als Sägespäne durch Funkenflug in Brand geraten. Das Feuer konnte aber schnell gelöscht werden.
​
Im Sommer des selben Jahres sucht Ottokar Skrivan Tischler für seine Parkettfabrik in Krippen an der Elbe (Königreich Sachsen). Wann diese Fabrik in Sachsen genau gegründet wurde, ist mir noch nicht bekannt.
​
Bei der Generalversammlung der ersten böhmischen wechselseitigen Brand- und Hagelschadenversicherungsanstalt im Mai 1885 wird Ottokar Skrivan in den Verwaltungsrat wiedergewählt.
​
1887 stirbt Ottokars Vater Anton Skrivan.
Im Mai des selben Jahres erhält Skrivan gemeinsam mit dem Mechaniker Franz Dworak ein Privilegium auf die Herstellung von „Wächteruhren“ (Kontrolluhren für Nachtwächter).
​
Die böhmische Gartenbaugesellschaft erwähnt in ihren Vereinsnachrichten, abgedruckt im Prager Tagblatt im Mai 1890, dass Herr Ottokar Skrivan zum Rechnungsrevisor gewählt wurde.
​
Drei Anzeigen im Jahr 1892 berichten von neu entwickelten Reißbrettern (Zeichenbrettern), auch „Auturgem“ genannt, die von Skrivan in Prag und auch in Krippen hergestellt werden. Neu ist vor allem der Einspannmechanismus dieser Bretter, der ohne Hilfsmittel wie Spannleisten oder dergleichen auskommt.
1894 bewies Ottokar Skrivan, dass er zu den fortschrittlichen Industriellen seiner Zeit gehörte: Zusammen mit Robert Mattern entwickelte er eine Anlage zur rauchfreien Kohleverbrennung bei Dampfmaschinen und Heizungsanlagen, die am 11. Juli 1894 in seinem eigenen Werk in Prag vom „technischen Inspectorat der Dampfkesseluntersuchungs- und Versicherungsgesellschaft Prag“ einem sehr ausführlichen Test unterzogen wurde, worüber in der Böhmischen Bierbrauer Zeitung detailliert berichtet wurde. 1895 erhielten Skrivan und Mattern dafür auch ein Privilegium. 1896 übernahmen die beiden außerdem ein ähnliches Patent des Maschinenbauingenieurs Mathias Javurek zur Verwertung. Aus der diesbezüglichen Anzeige lässt sich weiter entnehmen, dass die Generalvertretung (und wohl auch die Produktion) dieser Anlagen der Wiener Firma Kurz, Rietschel & Henneberg übertragen wurde.
Im Jahr 1899 veröffentlichten liberale deutsche und tschechische Industrielle, unter ihnen auch Ottokar Skrivan, gemeinsam einen Appell an die Reichsrats- und Landtagsabgeordneten des Königreiches Böhmen, in dem sie ein „Ende des unfruchtbaren nationalen Streites“ fordern. Weiter heißt es: „Durch die auf wirthschaftlichem Gebiete auftretenden Folgeerscheinungen der herrschenden traurigen nationalen Verhältnisse wird aber nicht nur die Existenz des Einzelnen bedroht, sondern es ist auch das Blühen und Gedeihen des Landes und der ganzen Monarchie gefährdet.“ Wie wir heute wissen, sollten sie recht behalten: Der Nationalismus in Europa führte direkt in den 1. Weltkrieg hinein, die österreichische Monarchie ging unter.
Skrivan spendete 1909 dem „Vereine zum Wohle epileptischer Kranker“ in Prag eine Hobelbank mit Tischlerwerkzeugen für die Werkstätte.
​
Ebenfalls 1909 erscheint in der Österreichischen Illustrierten Zeitung anlässlich der Fertigstellung des neuen Verwaltungsgebäudes ein Artikel über die „Erste böhmische Wechselseitige Brand- und Hagelschaden-Versicherungsanstalt“ in Prag, bei der Ottokar Skrivan nach wie vor Mitglied des Verwaltungsrats ist.
Der Name Ottokar Skrivan erscheint am 17. Dezember 1915 im alphabetischen Verzeichnis der Verlustlisten des 1. Weltkriegs. Ob es sich dabei um den Fabriksbesitzer handelt, konnte ich noch nicht herausfinden. Sein Sohn ist es jedenfalls nicht, denn am 14. Oktober 1916 tritt Ottokar Skrivan jun. in die Geschäftsführung der Firma ein.
1923 wird Ottokar Skrivan (jun.?) in den Verwaltungsrat der Wechselseitigen Versicherung wiedergewählt.
Mit diesem Eintrag endet dieser Artikel leider, mehr habe ich über die Geschichte der Firma Ottokar Skrivan noch nicht herausgefunden.